Olaf Jacobsen
Ich stelle selbst auf
Wie Sie Ihre Selbstheilungskräfte
durch Freie Aufstellungen aktivieren
Broschur, 254 Seiten, 21x14,80cm
ISBN 978-3-936116-62-5
2011, 2. überarbeitete Fassung April 2012
14,90 Euro
(Lieferungen ins Ausland nur mit Vorkasse und mit 2,- Euro Versandkostenbeteiligung)
Rückgaberecht innerhalb von 10 Tagen
Haben Sie einen verständnisvollen Partner? Oder haben Sie
Arbeitskollegen oder Freunde, denen Sie vertrauen? Dann können Sie
sich gegenseitig zur Verfügung stehen und frei aufstellen.
Mithilfe von Resonanz-Gefühlen geben Sie sich unerwartete,
spannende, interessante Impulse für die Lösung von Problemen.
Sie helfen sich beim Treffen von Entscheidungen, beim Erreichen von
Zielen und Sie aktivieren Ihre Selbstheilungskräfte. Auch
Konflikte in Partnerschaften, Familien und in Firmen können mit
dieser Methode geebnet werden. Stellen Sie einfach den Konflikt
gemeinsam frei auf und beobachten Sie, was passiert.
Die von Olaf Jacobsen begründeten Freien Systemischen
Aufstellungen sind von keinem therapeutischen Rahmen und keinem
Beratungssetting abhängig und können von jedem Menschen
selbstständig angewendet werden. Auch alleine kann man das Freie
Aufstellen mithilfe von Fühlfeldern und Figuren einsetzen.
Dieses Buch ist die Fortsetzung zum Grundlagenbuch
des Freien Aufstellens „Das fühlt sich richtig gut
an!“ Olaf Jacobsen beschreibt hier weitere Techniken und
Erkenntnisse, z. B. wie Sie die Resonanzphänomene der Freien
Systemischen Aufstellungen auf alle Bereiche Ihres Alltags erfolgreich
übertragen werden.
.Inhaltsübersicht:
Vorwort zur 2. Fassung
In Resonanz (siehe unten die Leseprobe)
I Freie Systemische Aufstellungen – die Essenz
Was ist freies Aufstellen im Vergleich zum therapeutisch
begleiteten Aufstellen?
Was ist der Unterschied zwischen „Freies Familienstellen“
und „Freie Systemische Aufstellungen“?
Was bringt eine Aufstellung?
Wie stelle ich selbst auf?
Die Regeln des Freien Aufstellens „nach Olaf Jacobsen“
Muss ich als Organisator eine Ausbildung haben?
Andere Aufstellungsmöglichkeiten
II Wie kann ich mit meiner eigenen Aufstellung umgehen?
Der Anfänger
Verdeckt oder offen?
Die Gruppenaktivität
Das Thema
Die Stellvertreter
Das Aufstellen
Das Andocken
Wozu das alles?
Jeder darf fragen
Die Anrede
Das Deuten
Natürliche Impulse
Eine Lösung
Das Drängeln von Teilnehmern
Die Stimmigkeit
Das Zerreden von Wirkungen
Mit dem Ergebnis umgehen
Übertragungen auf den Alltag
Ressource Intuition
Rollenprojektion
Rollen ablegen
Rollen entlassen
Verständnis
Öffnung
Grenzen anderer
Eigene Grenzen
Lehrer dienen dir
Grenzen kommunizieren
Indiskretion
Ebenbürtige Kritik
Andocken
Relative Wahrheiten
Lösungsdefinition
Stärkendes Hinterfragen
III Wie kann ich bei einer fremden Aufstellung mitwirken
und dazulernen?
Das Auslosen
Die Stellvertreterrolle
Der Ideal-Partner
Das lösende Element
Das Personifizieren
In Gefühlen stecken bleiben
Übertragungen auf den Alltag
Zufall?
Gefühle „sind“
Vorbei
Gefühlsbotschaften
Perspektivwechsel
Ideal-Person
Ideal-Partnerschaft
Tränen
Lösende Projektion
Unterscheidung
Zwei Fragen
Wahl
IV Wie stelle ich als Fortgeschrittener auf?
Fünfzig Minuten
Frei experimentieren
Der Schlüssel für die Freien Systemischen Aufstellungen
Aktivierung der Selbstheilungskräfte
Die Lösung
Die Suche
Deine inneren Haltungen
Eine oft anwendbare Aufstellungsmöglichkeit
Einige Werkzeuge
Mögliche Rangfolgen
Ohne Ziel
Dynamik in der Gruppe
Die Achtung
Das Aufstellen von nicht anwesenden Personen
Übertragungen auf den Alltag
Zeitliche Begrenzung
Zweifel
Öffnung
Eigenverantwortung
Unpassende Schuhgröße
Besserwisser
Schlüsselfrage
Gehirnkartenaktualisierung
Gefühlsverschiebungen
Suche
Rangfolgen
Ohne Ziel
Außerhalb der Rolle
Sinnvolle Verachtung
Spiegel
Phänomen Goldmarie / Pechmarie
Zu zweit aufstellen
Allein aufstellen
Abschied
Über den Autor
Leseprobe (Anfang):
Vorwort zur 2. Fassung
Im Jahr 2011 schrieb ich die erste Fassung* dieses Buches,
veröffentlichte es zunächst im Olaf Jacobsen Verlag und bot
es ein paar Monate später dem Kamphausen Verlag zur
Veröffentlichung an. Der Verlag gab mir den Hinweis, dass dieses
Buch für Neueinsteiger zu speziell sei und nicht die „breite
Masse“ erreichen würde.
Mithilfe der Lektorin Stephanie Ehrenschwendner erstellte ich ein neues
Konzept und schrieb ein Grundlagenbuch über das Freie Aufstellen
für Menschen ohne Vorkenntnisse. Unter dem Titel „Das
fühlt sich richtig gut an! Gefühle erforschen, Klarheit
gewinnen und den Alltag befreit leben“ wurde es im März 2012
vom Kamphausen Verlag veröffentlicht.
Anschließend nahm ich mir wieder das Ihnen hier vorliegende
Handbuch „Ich stelle selbst auf“ vor und überarbeitete
es so, dass es für Fortgeschrittene als Fortsetzung zu „Das
fühlt sich richtig gut an!“ als auch zu „Das freie
Aufstellen“ gelesen werden kann. Es baut die Grundlagen aus,
vervollständigt die Informationen und Möglichkeiten der
Freien Systemischen Aufstellungen und bietet viele neue Ideen, Impulse
und Erfahrungen sowohl aus meiner Arbeit als auch aus der Arbeit vieler
anderer Menschen, die sich mit dem Freien Aufstellen auseinandersetzen.
Auf diese Weise können sich all diejenigen mithilfe dieses Buches
weiterbilden, die Aufstellungen bereits kennengelernt oder schon etwas
über das Aufstellen gelesen haben.
Olaf Jacobsen Köln, im März 2012
* Bei Print on Demand rede ich von „Fassung“ anstatt von „Auflage“.
In Resonanz
Die beiden schauen sich tief in die Augen. Ungefähr drei
große Schritte trennen sie voneinander. Der eine hat einen
schwarzen Taucheranzug an, der andere eine weiße Weste und eine
Jeans. Der Taucher steht barfuß. Man sieht, wie seine hellen
Füße fest auf dem Boden stehen. Der Mann mit der
weißen Weste trägt elegante schwarze Schuhe. Beide
fühlen sich gut während sie sich anschauen.
In einer gewissen Entfernung zu den beiden Männern beobachten ein
Mann und eine Frau nebeneinander stehend, was die Männer wohl tun
werden. Sie sind interessiert, fühlen sich innerlich ausgeglichen
und warten ab.
Auf einmal kommt eine sehr große Indianerbüste eines
Häuptlings mit großem Federschmuck auf dem Kopf und stellt
sich so dazwischen, dass dem Paar (Mann und Frau) die Sicht auf die
Männer versperrt wird. Die Indianerbüste schaut in die
Richtung der beiden Männer und dreht damit dem Mann und der Frau
den (nicht vorhandenen) Rücken zu, besser: den Hinterkopf.
Als ich den Taucher anfasse, merke ich, wie ich ihn jetzt näher an
den Mann mit der weißen Weste stellen möchte. Die
Anwesenheit der Indianerbüste hat es irgendwie möglich
gemacht. Nun stehen sich die beiden Männer ganz dicht
gegenüber. Wenn einer den Arm ausstreckt, kann er den anderen
berühren.
Der Taucher freut sich, dem Mann mit der weißen Weste begegnen zu
dürfen. Es ist eine tief erfüllte Freude. Der Mann mit der
weißen Weste wirkt ausgeglichen und irgendwie neutral – er
steht einfach nur zur Verfügung. Doch dies können die hinter
der Indianerbüste stehenden zwei Personen – der Mann und die
Frau – jetzt nicht mehr sehen.
Als ich die Büste noch einmal berühre, habe ich das
Gefühl, dass sie genau weiß, was sie tut und warum sie sich
hier dazwischen gestellt hat und dem Paar die Aussicht auf die
Männer verwehrt. Gleichzeitig ist das Paar hinter der Büste
sehr neugierig geworden, was sich wohl bei den zwei Männern
abspielen könnte.
Über diese Neugierde bin ich positiv überrascht, denn zuerst
dachte ich, dass das Paar entweder wütend auf die
Indianerbüste wäre oder sich uninteressiert abwenden
würde. Nein – die beiden fühlen sich sehr neugierig und
nähern sich der Büste sogar einen kleinen Schritt.
Draußen wird es hell. Es ist Sonntagmorgen. Ich liege noch im
Bett und denke über dieses Buch und das Freie Aufstellen nach. Die
Indianerbüste ist fast so groß wie meine Hand und steht
immer auf meinem Nachttisch. Sie ist etwas größer als die
vier Playmobil-Figuren, die ich aus meinem Arbeitszimmer geholt habe.
Während ich die Figuren auf meinem Nachttisch nach Gefühl
aufstelle, schreibe ich gleichzeitig auf, was ich in diese Figuren
spontan hineinprojiziere. Im Moment geht es nicht weiter. Es
verändert sich nichts. Der Taucher ist tief davon erfüllt,
dem Mann mit der weißen Weste zu begegnen. Der wiederum steht
neutral einfach zur Verfügung. Die Indianerbüste steht genau
zwischen den beiden Männern und den beiden neugierigen
Beobachtern, mit einer irgendwie überlegenen und wohlwollenden
Klarheit. Und die beiden Beobachter – der Mann und die Frau
– warten gespannt, was passieren wird.
Es ist auch nicht nötig, dass sich diese kleine Aufstellung
weiterentwickelt, denn ich habe bereits meine Antwort: Ich weiß
nun, dass ich Ihnen, liebe Leserin und lieber Leser, jetzt noch nicht
verrate, wofür diese Figuren stehen.
Was mache ich hier? Ich spiele mit Figuren, wie ich es aus meiner
Kindheit kenne. Der Unterschied zu damals ist: Ich verbinde dieses
Figurenspiel heute mit konkreten ernsthaften Fragen, die mich gerade
beschäftigen, und erhalte dadurch neue Antworten.
Wie kommt es, dass mir ein einfaches Spiel mit Figuren hilft, Probleme selbstständig zu lösen?
Und was hat das alles mit „Resonanz“ zu tun?
Manche Menschen fragen, was „Resonanz“ eigentlich bedeutet.
Das Wort „resonare“ (lat.) wird übersetzt mit
„widerhallen / widerklingen“. Wenn ich bei einem Klavier
das rechte Pedal runterdrücke, bewegen sich in dem Moment die
Dämpfer von den Saiten weg. Nun können alle Saiten frei
schwingen. Singe ich einen lauten Ton, dann höre ich
anschließend genau diesen Ton aus dem Klavier widerhallen. Die
Saiten des Klaviers schwingen in „Resonanz“ zu meinem
gesungenen Ton.
Wissenschaftler haben im Gehirn einen Bereich entdeckt, in dem sie
Spiegelneurone vermuten. Diese Gehirnzellen sind aktiv, während
wir die Handlung eines anderen Menschen beobachten. Normalerweise
feuern diese Neurone, wenn wir selbst eine Handlung ausführen und
uns zum Beispiel am Kopf kratzen. Doch wenn wir nur beobachten, wie ein
anderer Mensch sich am Kopf kratzt, schwingen unsere Neurone ebenso
mit. Wir vollziehen die beobachtete Handlung innerlich nach – wir
befinden uns in „Resonanz“ zum beobachteten Menschen und
kratzen uns ebenso am Kopf, aber nur innerhalb unseres Gehirns, ohne es
äußerlich zu tun. Hier wird von den Wissenschaftlern ebenso
der Begriff „Resonanz“ eingesetzt. Wir sind mit Hilfe
unserer Spiegelneuronen in Resonanz zu der im Außen beobachteten
Handlung eines anderen Menschen (deshalb ist Gähnen oft
ansteckend). Gleiches zieht Gleiches an.
Bei Familienaufstellungen erleben wir ebenso eine seltsame Resonanz:
Stellvertreter aus einer Gruppe stehen in einer Art Rollenspiel
für fremde Personen „zur Verfügung“ und beginnen
in ihren Rollen, die Gefühle der Personen zu spüren, die sie
repräsentieren. Dieses Phänomen kann man sich kaum
vorstellen, man muss es selbst erlebt haben – und kann es sich
dann nur mit der Sichtweise erklären, dass die Stellvertreter
irgendwie mit den realen Personen „in Resonanz“ zu
schwingen scheinen.
Ich frage mich nun: Wenn ich mit Figuren spiele und dabei in meiner
Intuition eine Antwort auf eine Frage finde, mit wem oder womit bin ich
da in Resonanz? Stelle ich eine Resonanz zu mir selbst her? Zu der
Weisheit meines Unbewussten? Oder zu etwas Übergeordnetem, was
Menschen als „Überbewusstsein“, „Höheres
Selbst“, „Universum“ oder auch „Gott“
bezeichnen?
Die Sichtweise, dass alles mit allem auf irgendeine Weise verbunden
ist, stellt für mich die einzig mögliche Erklärung dar.
Die verblüffende Weisheit unserer Gefühle, unserer
Intuitionen und Bauchgefühle kann ich nur einordnen, wenn ich mir
vorstelle, wie alles auf einer bestimmten Ebene miteinander
kommuniziert – mithilfe von Schwingungen. Alles schwingt. Und
wenn ich eine Frage an das schwingende Universum abschicke, erhalte ich
oft über meine Intuition darauf eine Antwort, die mir weiterhilft.
Wir wissen nicht, ob es wirklich so ist – aber es wäre vorstellbar, in unserer Fantasie.
Steffen erzählt seiner Frau Anna, dass er sich entschieden hat,
seine Arbeitsstelle zu kündigen und sich einen neuen Job zu
suchen. Anna ist entsetzt und versteht die Welt nicht mehr.
Schließlich verdient er sehr gut und hat kaum Probleme bei der
Arbeit. Alle Argumente, die Steffen anführt, können Anna
nicht überzeugen. Es herrscht eine Spannung zwischen beiden. Und
so schlägt Steffen vor, zusammen mit Anna eine verdeckte
Aufstellung zu machen. Er holt aus seinem Arbeitszimmer ein paar
Blätter Papier und einen Bleistift und sie gehen ins Wohnzimmer.
Steffen schreibt auf das erste Blatt einen Begriff, dreht das Blatt um,
so dass Anna nicht lesen kann, was darauf steht (Schrift befindet sich
nun auf der Unterseite) und drückt ihr das Blatt in die Hand.
„Such´ bitte mal für dieses Blatt einen Platz im Raum.
Wo würdest du es deinem Gefühl nach hinlegen?“
Anna hält kurz inne, geht dann Richtung Fenster und legt das Blatt
davor. Steffen fragt: „Wenn du dich auf dieses Blatt draufstellen
würdest, in welche Richtung würdest du schauen und wie
würdest du dich fühlen?“
Sie stellt sich drauf, schaut dabei aus dem Fenster und sagt nach einem kurzen Moment des Einfühlens:
„Irgendwie zieht es mich nach draußen, in die Ferne. Ich will hier weg.“
Steffen beschriftet das nächste Blatt, dreht es um und gibt es Anna.
„Und wo würdest du das hinlegen?“
Anna nimmt das zweite Blatt entgegen, zögert kurz, und legt es
dann in zwei Meter Entfernung hinter das erste Blatt (1). Sie stellt
sich drauf und schaut 1 von hinten an.
„Ich fühle mich mit 1 sehr verbunden und finde es schade,
dass 1 aus dem Fenster schaut. Ich kann aber auch nicht näher
herangehen.“
Inzwischen beschriftet Steffen das dritte Blatt und drückt es Anna
in die Hand. Sie legt es in einem gewissen Abstand rechts neben 1 und
2, so dass 3 von der Seite direkt zwischen 1 und 2 durchschaut. Die
drei bilden jetzt ein Dreieck. Als Anna sich auf 3 stellt, sagt sie:
„Hier fühle ich mich ganz neutral. Ich bin einfach da.“
„Und wenn du dich jetzt auf 2 stellst, ist dann irgendetwas anders?“ fragt Steffen.
Anna stellt sich auf das Blatt Nr. 2 und bestätigt:
„Ja, jetzt fühle ich mich nicht mehr so zu 1 hingezogen,
sondern kann mich auch wegdrehen.“ Sie dreht sich ungefähr
um 120 Grad nach rechts und schaut nun in eine völlig andere
Richtung.
Nun nimmt Steffen ein viertes Blatt und beschriftet es.
„Schaust du mal, wo du die Nummer vier hinlegen würdest?“
Anna hat ein ganz klares Gefühl. Sie nimmt das vierte Blatt und
legt es direkt ins Blickfeld von 2, so dass 2 nun genau auf 4 schaut.
Die beiden stehen sich sehr dicht gegenüber.
„Wie fühlst du dich, wenn du dich auf 2 stellst?“
Anna stellt sich auf 2 und schaut 4 an.
„Gut. Sehr gut. Ich freue mich, dass 4 da ist. Im Grunde könnte ich 4 sogar umarmen.“
„Und wie geht es 4 damit?“
Anna wechselt den Platz und stellt sich auf 4: „Ja, auch sehr gut. Ich würde mich gerne von 2 umarmen lassen.“
„Und jetzt stelle dich noch einmal auf 1. Hat sich da inzwischen etwas verändert?“
Anna geht zum Fenster und fühlt sich auf Blatt 1 ein.
„Jetzt könnte ich sogar vollständig weggehen.“
Steffen atmet durch und ist erleichtert.
„Gut, danke! Im Grunde hast du hier unabsichtlich mein
Gefühl bestätigt – und vielleicht kannst du mich jetzt
auch besser verstehen. Ich sage dir mal, was ich auf die Zettel
geschrieben habe. Auf dem Blatt 1 steht ‚meine alte
Firma’.“
Anna geht hin, dreht das Blatt um und liest: meine alte Firma.
Steffen deckt weiter auf: „2 bin ich selbst, 3 ist ein
lösendes Ele-ment und 4 ist ein neuer Arbeitsplatz bei einer neuen
Firma.“
Anna ist nachdenklich. „Ja, stimmt, auf deinem Platz (2) habe ich
mich zwar zunächst zu der alten Firma (1) hingezogen gefühlt,
war aber unzufrieden, und als das lösende Element (3) dazu kam,
konnte ich mich wegdrehen. Und der Kontakt mit einer neuen
Arbeitsstelle (4) fühlt sich tatsächlich viel besser an. Ich
kann jetzt nachfühlen, dass du kündigen möchtest. Aber
warum ist das eigentlich so?!“
„Ich kann es nicht genau sagen“, antwortet Steffen,
„aber ich habe das Gefühl, als ob irgendetwas in meiner
alten Firma passiert, was mich unwohl fühlen lässt. Und ich
bin seltsamerweise sehr zuversichtlich, recht schnell einen neuen
Arbeitsplatz bei einer anderen Firma finden zu können.“
Genauer lässt sich im Moment die Situation nicht
analysieren, aber auf der Gefühlsebene kann Anna nun besser
nachvollziehen, dass Steffen sich für die Kündigung
entschieden hat.
Die Geschehnisse nehmen ihren Lauf, Steffen kündigt und findet bei
einer anderen Firma sehr schnell einen neuen und sogar besser bezahlten
Arbeitsplatz, weil „zufällig“ kurz vor seiner
Bewerbung dieser Platz freigeworden war. Drei Monate später meldet
seine alte Firma Insolvenz an. Hätte Steffen erst drei Monate
später nach einem neuen Arbeitsplatz gesucht, wäre der
Arbeitsplatz bei der neuen Firma inzwischen schon wieder besetzt
gewesen. Sein Gefühl hatte ihn genau passend geführt –
und die Dynamik war in der Aufstellung in den Gefühlen von Anna
ebenso ablesbar.
Wir können eine verdeckte Aufstellung zu zweit dazu nutzen, um
eigene Gefühle besser zu verstehen, sie zu bestätigen,
vielleicht auch zu widerlegen oder vollkommen neue Ideen zum Thema zu
erhalten. Wir können sie aber auch nutzen, um in einem Konflikt
mehr Verständnis füreinander zu erreichen. Wir können
mithilfe unserer Resonanz-Gefühle den anderen besser
nachvollziehen lernen und auf diese Weise Spannungen und
unerfüllte Bedürfnisse nach Verständnis erlösen.
Ein Klient kommt zu mir in die Einzelberatung. Er weiß nicht, was
er als nächstes tun soll, und hat das Problem, sich zwischen
sieben verschiedenen Möglichkeiten entscheiden zu müssen.
Mein Bestreben ist es, ihm bestimmte Fragen zu stellen und neue
Sichtweisen anzubieten, wodurch es ihm möglicherweise leichter
fallen könnte, sich zu entscheiden. Nach einigen Fehlversuchen von
meiner Seite (er konnte sich immer noch nicht entscheiden) kam von ihm
die Bitte, dass ich mich doch einmal in die Möglichkeiten
einfühlen und für ihn entscheiden solle.
Ich legte ein weißes Blatt Papier in die Mitte des Raumes. Dieses
Papier sollte den Klienten darstellen. Dann legte ich sieben
verschiedenfarbige Kissen dem Blatt gegenüber in eine Reihe. Der
Klient teilte mir mit, welches Kissen seiner Definition nach für
welche Möglichkeit stand. Wir hatten vorher schon über den
Inhalt der verschiedenen Möglichkeiten geredet, so dass ich
wusste, worum es ging. Nun stellte ich mich auf das weiße Blatt
Papier und schaute von dort auf die Kissen. Ich versuchte zu
erfühlen, welches Kissen mich am meisten ansprach und welches
weniger – und so stellte ich eine Rangfolge her:
Möglichkeit 3 war für mich sehr attraktiv und ich stellte sie an die erste Stelle.
Möglichkeit 1 machte mich auch sehr neugierig, aber nicht so stark, wie Möglichkeit 3.
Dann war noch Möglichkeit 4 annehmbar, und die übrigen vier
Möglichkeiten interessierten mich kaum. Die Rangfolge war
zunächst Möglichkeit 2, dann 7 und 6 und am unangenehmsten
erschien mir die 5.
Mein Klient bestätigte ein wenig meine Rangfolge. Ihm würde
es ähnlich gehen, aber er zweifelte immer noch. Da kam ich auf die
Idee, es noch einmal anders zu versuchen. Weil wir offen über
alles geredet hatten und ich immer wusste, welches Kissen für
welche Möglichkeit stand, konnte es sein, dass mein Bewusstsein
und meine persönlichen Ansichten mein Gefühl beeinflusst
hatten. Also schlug ich vor, die sieben Möglichkeiten auf sieben
weiße DinA4-Blätter zu schreiben, sie umzudrehen, so dass
die Beschriftung nicht erkennbar war, die Blätter zu mischen und
anschließend auf dem Boden auszulegen – ohne zu wissen, auf
welchem Blatt welche Möglichkeit stand.
Gesagt – getan. Nachdem die weißen Blätter verteilt
waren, stellte ich mich wieder auf das Blatt des Klienten und schaute
die anderen Blätter an. Doch es fiel mir schwer, ein Gefühl
dazu zu bekommen. Also entschied ich mich, ein wenig anders vorzugehen
und mich auf die anderen Blätter zu stellen. Vielleicht konnte ich
dadurch erspüren, in welcher Beziehung die sieben
Möglichkeiten zum Klienten standen.
Und tatsächlich: Auf dem ersten Blatt hatte ich das Gefühl,
mich vom Klienten zurückzuziehen. Auf dem nächsten Blatt
schaute ich von dort intensiv auf das Klienten-Blatt und fühlte
mich tief damit verbunden. Ein weiteres Blatt vermittelte mir das
Gefühl, mit einem weiten Blick in die Runde zu schauen etc.
Aufgrund dieser Gefühle und dem Maßstab: „Welche
Möglichkeit fühlt sich mit dem Klienten am stärksten
verbunden und welche am wenigsten?“ stellte ich erneut eine
Rangfolge her und teilte dem Klienten mit, welcher Zettel die
stärkste Verbindung und welcher die geringste zum Klienten-Blatt
in mir hervorrief. Als wir anschließend die Blätter
umdrehten, um nachzulesen, welche Möglichkeit auf dem jeweiligen
Blatt stand, stellt sich heraus, dass sich genau die gleiche Rangfolge
ergeben hatte:
Möglichkeit 3 war am intensivsten mit dem Klienten-Blatt
verbunden, dann kam 1, 4, 2, 7, 6 und ganz am Schluss die
Möglichkeit 5, die sich lieber vom Klienten-Blatt
zurückziehen wollte.
Gänsehaut! Wie ein Siebener im Lotto! (Ich habe schon öfter
versucht, die Lottozahlen vorauszuspüren: klappt aber
nicht…)
Anschließend fiel ihm seine Entscheidung wesentlich leichter und
er ging mit entspanntem Gefühl aus der Beratungssitzung.
Ich bin davon überzeugt, dass z. B. für solche
Entscheidungsfindungen nicht immer professionelle Berater in Anspruch
genommen werden müssen. Es besteht auch die Möglichkeit, ein
Familienmitglied oder einen Freund zu bitten, sich einmal in
unterschiedliche Positionen einzufühlen und ein Feedback zu geben.
Genau dafür schreibe ich Bücher über das Freie
Aufstellen, um das Phänomen des Aufstellens für jeden
Menschen frei zugänglich zu machen, der daran Interesse hat.
In den letzten Jahren boomen Bücher und Filme über das
„Gesetz der Anziehung“, über das „Gesetz der
Resonanz“, über die Möglichkeiten, durch die
„Kraft der Gedanken“ sich Wünsche im Alltag zu
erfüllen. Gleichzeitig spalten sich die Menschen in diejenigen,
die durch das Gesetz der Resonanz wundervolle Erfahrungen in ihrem
Leben machen dürfen, und diejenigen, die das alles als
„Fantasiewelten“ abtun.
Die Hauptursache dieser Spaltung ist: Wer es nicht konkret am eigenen
Leib erfahren hat, kann es sich einfach nicht vorstellen. Und wenn man
ohne Erfahrungen urteilt, entsteht ein Vorurteil.
Doch es gibt eine wundervolle Möglichkeit, Resonanz und das
„Gesetz der Anziehung“ konkret zu erfahren – am
eigenen Leib, im eigenen Gefühl: Bei den Freien Systemischen
Aufstellungen machen immer mehr Menschen die praktische Erfahrung, wie
es ist, als Stellvertreter mit dem Schicksal eines anderen Menschen in
Resonanz zu schwingen. Man fühlt dabei, wie man irgendwie von
„fremden Gefühlen“ ergriffen wird.
Außerdem kann man öfter erleben, wie eine Aufstellung im
Nachhinein wie durch Geisterhand auf unser Umfeld zu wirken scheint
oder im Umfeld vorhandene Dynamiken bestätigt und teilweise
voraussagt.
Alles nur Einbildung? Testen Sie es selbst – und sammeln Sie konkrete Erfahrungen damit.
Ich habe das damals übliche Familienstellen durch die Leitung von
Bert Hellinger im Jahr 1997 live kennenlernen dürfen und habe
sofort gedacht: „Das geht doch auch anders.“
Ich hatte das Gefühl, dass das Aufstellungsphänomen für
alle Menschen nutzbar ist, die es nutzen wollen, und dass es nicht
unbedingt von einem therapeutischen Rahmen abhängen muss. Ein
therapeutischer Rahmen kann sehr unterstützend sein, ist aber
keine Voraussetzung für das Aufstellen. Dieser Gedanke brauchte
einige Jahre, um vollständig auszureifen. Dann begründete ich
Anfang des Jahres 2003 das „Freie Familienstellen“ oder
auch die „Freien Systemischen Aufstellungen“.
Bis heute erlebe ich es immer wieder: Es funktioniert wundervoll!
Auch hier gilt: Wer es nicht erfahren hat, kann es sich nicht wirklich vorstellen – und entwickelt Vorurteile.
Manche Menschen reagieren misstrauisch und kritisch, wenn sie vom
Freien Aufstellen hören. Sie befürchten, dass eine Gefahr
besteht oder man dadurch in eine Krise gestürzt werden
könnte. Deshalb behaupten sie, dass das Familienstellen in
erfahrene therapeutische Hände gehört.
Diese Einwände erlebe ich nur von Leuten, die das Freie Aufstellen
nicht wirklich kennen und sich eine eigene Vorstellung davon machen,
die ihren Befürchtungen entspricht. Dabei fehlt ihnen die
entsprechende Erfahrung.
Ich kann nach neun Jahren Freies Aufstellen und über tausend
Aufstellungen mitteilen: Die Weste des Freien Aufstellens ist
weißer, als viele vermuten.
Das Freie Aufstellen ist eine Möglichkeit, spielerisch und
experimentell Resonanzphänomene zu erforschen und neue Erfahrungen
zu sammeln. Wir können mithilfe unseres Gefühls unseren
Verstand allmählich an die Existenz von weitgreifenden Resonanzen
gewöhnen, unser Blickfeld und Gefühlsfeld erweitern und auf
unseren Alltag übertragen. Letztendlich öffnen sich unsere
Augen dafür, wie in unserem Leben alles miteinander verwoben ist,
in Resonanz aufeinander reagiert und was von uns selbst beeinflussbar
ist und was nicht.
Wir stellen nicht mehr nur innerhalb von Gruppen oder anderen
Aufstellungssettings auf, sondern wir erkennen: Alles, was uns im
alltäglichen Leben begegnet und was wir selbst fühlen oder
tun, kann auf einer bestimmten Ebene als „Teil von
unabsichtlichen Aufstellungen“ erkannt werden.
Welche neuen Konsequenzen sich für uns und unseren Alltag aus
dieser Resonanz-Sicht ergeben, entwickle ich Schritt für Schritt
in diesem Buch. Zunächst beginne ich damit, Ihnen die Grundlagen
des Freien Aufstellens vorzustellen.
Für diejenigen, die schon ein paar Erfahrungen im Familienstellen
besitzen und „nur“ wissen wollen, wie das Freie Aufstellen
funktioniert, ist die Essenz gleich am Anfang zusammengefasst –
wie bei einem Zeitungsartikel, der das Wichtigste im ersten Abschnitt
bringt und alle Ausführungen erst danach. Sollten Sie bereits
meine Grundlagenbücher „Das freie Aufstellen“ oder
„Das fühlt sich richtig gut an!“ gelesen haben,
können Sie meine kurze Einführung als Erinnerung,
Auffrischung und Vertiefung nutzen.
Indem Sie das Freie Aufstellen immer umfassender kennenlernen, erlernen
Sie auch gleichzeitig die „Sprache der Resonanz“, die Sie
auf Ihren Alltag übertragen können.
Damit Sie beim Lesen in die Atmosphäre vom Freien Aufstellen
optimal eintauchen, beziehe ich Sie in diesem Buch als Leser auf eine
ganz spezielle Weise mit ein. Sie werden sich fühlen, als wenn Sie
leibhaftig beim Freien Aufstellen dabei wären und es
„erfahren“. Sie stellen hier in diesem Buch sogar selbst
auf. Zuerst mit meiner Unterstützung, später dann ganz
selbstständig. Das unterstützt Ihren Lernprozess bereits beim
Lesen.
Im Laufe des Buches werde ich immer ausführlicher und bildhafter.
Schließlich finden Sie in den letzten Abschnitten viele
Erkenntnisse und Erfahrungen, die Ihnen weiterhelfen können, wenn
Sie beim Aufstellen oder im Alltag nicht mehr weiter wissen. Die
meisten Fragen werden bis zum Ende des Buches geklärt werden.
Um sofort mit dem Freien Aufstellen beginnen zu können, ist es
aber nicht notwendig, das Buch bis zum Ende gelesen zu haben. Sie
müssen keine Perfektion erreicht haben, um in diese Methode
eintauchen zu können. Es genügt, nur die Essenz auf den
ersten Seiten zu lesen – und schon können Sie mit
Experimenten und Übertragungen auf Ihren Alltag beginnen.
Wer trotz alledem Schwierigkeiten haben sollte, dem Inhalt gut zu
folgen, oder wer sich zunächst eine solide „Basis“ im
Gefühl aufbauen möchte, dem empfehle ich als Einstieg in das
Freie Aufstellen allein, zu zweit, im Freundeskreis und in Gruppen
zunächst mein Buch „Das fühlt sich richtig gut
an!“ zu lesen, um dann anschließend „Ich stelle
selbst auf“ als Fortsetzung zu nutzen.
Ich freue mich aus ganzem Herzen, wenn die Methode des Freien
Aufstellens schnell Verbreitung findet und Menschen durch diese
Resonanz einen neuen Weg entdecken, sich gegenseitig zur Verfügung
zu stehen, sich zu helfen und gemeinsam Konflikte auf eine ganz neue
Weise eigenverantwortlich und selbstständig zu lösen.
Die Indianerbüste hat ihren Platz gewechselt. Sie ist um die
beiden Männer herumgegangen und schaut nun von der
gegenüberliegenden Seite mit einem gewissen Abstand und mit einem
klaren und freundlichen Blick auf die beiden Männer. Wenn sie
durch die Männer hindurchschaut, sieht sie in einiger Entfernung
immer noch den Mann und die Frau stehen, die sich aber nun langsam zu
bewegen beginnen. Sie kommen auf die Männer zu, neugierig und
offen.
Der Taucher dreht sich zu den beiden Neuankömmlingen und hat damit
den Mann mit der weißen Weste nun an seiner linken Seite stehen.
Auch er dreht sich zum Mann und zur Frau hin. Und so stehen sich die
beiden Paare gegenüber.
Der Taucher heißt den Mann und die Frau herzlich willkommen
– nach wie vor mit einer tiefen inneren Freude. Der Mann mit der
weißen Weste ist ganz offen und zu allem bereit. Der Mann und die
Frau sind auch weiterhin neugierig und zusätzlich auch noch voller
Freude.
Die Gruppe strotzt vor positiver Energie. Und hinter bzw.
„über“ allen wacht klar, wissend und ausgeglichen die
Indianerbüste mit dem prachtvollen Häuptlingsschmuck.
Für mich bedeutet die Weiterentwicklung dieser kleinen
Aufstellung, dass ich Ihnen nun erzählen kann, was für Rollen
ich den Figuren auf meinem Nachttisch gegeben habe:
Der Mann mit der weißen Weste hat die Bedeutung „Freie
Systemische Aufstellungen“. Er repräsentiert die Methode,
mit der Sie sich in diesem Buch intensiv auseinandersetzen werden. Der
Taucher stellt mich dar. Und Sie, liebe Leserin und lieber Leser,
werden durch die beiden Zuschauer vertreten, die Frau und den Mann.
Letztendlich habe ich die Indianerbüste als ein
„lösendes Element“ dazugestellt, um das „weise
Universum“ anzuzapfen und zu schauen, in welche Richtung sich
diese Aufstellung bewegen wird, wenn etwas Lösendes die Gruppe
beeinflusst.
Ich freue mich, dass Sie, liebe Leserin und lieber Leser, sich für
die Freien Systemischen Aufstellungen und die dazugehörigen
Resonanzphänomene interessieren, begrüße Sie hier ganz
herzlich und freue mich auch, Ihnen im Folgenden mein Freies Aufstellen
vorstellen zu dürfen – eine Methode, die uns immer offen zur
Verfügung steht und bei der jeder frei entscheiden kann, wie er
damit umgehen und sie in seinen Alltag integrieren möchte. Diese
Methode ist zu allem bereit. Und je länger wir uns mit ihr
auseinandersetzen, desto klarer können wir erkennen, wie
„das weise Universum“ oder unser „weises
Unbewusstes“ auf irgendeine unerklärliche Weise über
uns wacht …